Könnte schreien – Band 1

ab sofort im Buchhandel und Online erhältlich

AUFBRUCH IN EIN NEUES LEBEN

Ein Buch zwei Bänder – Band 1

Eine junge Frau bricht alle Brücken hinter sich ab, um sich von den Zwängen ihres Elternhauses und dem Muff der Kindheit in einer typischen deutschen Kleinstadt zu befreien. Beherzt und unerschrocken geht sie neue Wege, erlebt zahllose Abenteuer, trifft ungewöhnliche Frauen, deren Schicksale sie tief berühren.

Sie stellt sich ihren Dämonen und findet auf einer abenteuerlichen Reise in den dunklen Kontinent der menschlichen Seele schließlich zu neuem Selbstvertrauen und nach vielen Umwegen ihre große Liebe.

Klug beobachtet und erfrischend originell und humorvoll erzählt: Viele Leserinnen werden sich in Valentina Behrmanns Geschichte wiederfinden.

Ein mitreißender und hochemotionaler Roman, über die Lebensreise einer jungen Frau, der Leserinnen Mut macht, selbst bestimmt ihren eigenen Weg zu gehen.

Beruht auf wahren Begebenheiten in Bezug auf Reisen uns Rituale.

Eine fesselnde Lektüre und ein Leseerlebnis, das man so schnell nicht vergisst.

Leseprobe

Könnte schreien – Band 1 

❤️

Leseprobe

Erst als der Bus an der Kreuzung Young Street in Richtung Eglington North bog, bemerkte ich, dass ich den falschen Bus genommen hatte. Ich hätte schwören können, dass ich in die 27 eingestiegen war. Nervös kratzte ich an meiner linken Schläfe, als wenn ich dort den Aufmerksamkeitsfehler ausmerzen wollte. Ich stieg an der nächsten Möglichkeit aus, musste nicht lange warten, bevor ich in die 16 einstieg. Energisch nahm ich gleich zwei Stufen auf einmal zu meiner Eingangstür.

Im Flur angekommen, warf ich meine Handtasche schwungvoll auf die lange Konsole, blickte mich um. Keiner der Vierbeiner da! Meine haarigen Lieblinge waren bei Brigitte Nielson, meiner Nachbarin, die sie sich gestern für einige Tage ausgeliehen hatte, um sich mit ihnen zusammen ihre Wunden zu lecken, die ihr ein neuer Liebhaber zugefügt hatte. Woher hätte ich auch gestern wissen können, dass ich sie ebenfalls als Trostpflästerli brauchen würde!

Ich nahm die Marille – die Gott sei Dank noch zu drei Vierteln gefüllt war – mit nach oben in mein Zimmer, warf mich aufs Bett, sodass quietschend die Sprungfedern antworteten.
Nach gefühlten zehn Minuten herrschte im Haus Totenstille und eine bleierne Leere senkte sich auf mein Gemüt. Ich starrte den Deckenventilator an, als wenn aus seiner Luft-Verwirbelung etwas Befreiendes kommen würde, setzte mich auf und goss großzügig die Marille ins Wasserglas ein. Der Eichstrich war der Gläserrand. Ich freute mich auf morgen. Mrs. Levinson, meine seelische Stütze, sollte es richten. Hicks! rülpste ich nickend zur Bestätigung.

Als der Wecker das Halali blies, war die Sau immer noch tot. Ich torkelte in Richtung Dusche. Die teure Arabica-Bohne sowie ein Liter Zitronenwasser brachten mich wieder auf die Leistungsspur. Um Gongschlag sechzehn Uhr drückte ich die Türklinke zu Mrs. Levinsons Praxis. Ich mochte ihre liebevolle, ruhige Art. Sie erinnerte mich an meine Großmutter Clara, die auch immer etwas Nettes zu sagen hatte.

Im Sessel ihr gegenübersitzend, ließ ich, den Niagarafällen gleich, meine Verletzungen, meine Wut auf mich selbst und meine aufsteigenden Befürchtungen auf sie niederprasseln. Ich heulte und schniefte gleichzeitig. Atemlos gab ich meinem Schmerz Ausdruck, dass ich mich sehr alleingelassen fühlte.

Es fehlte mir eine Stütze in meinem Leben. Ich sah mich wie die Fahne im Wind. Diese Haltlosigkeit verstärkte meine Unsicherheit auf vielen Ebenen und ich bedauerte sehr, dass ich zwar viele liebenswerte Freunde und Bekannte hatte, aber das gefühlte Loch, der Graben in mir, weit klaffte und meine Angst mir die Kehle verschnürte.

Mrs. Levinson lächelte dieses sanfte mütterliche Lächeln, das ich so liebte und brauchte. „Liebe Valentina, du bist doch so eine erfrischende, intelligente junge Frau. Du hast doch schon viele Herausforderungen gemeistert, warum erkennst du nicht, dass du ein tolles Potenzial besitzt? Dein Mut, dein Glaube und dein Enthusiasmus können ein Vorbild für so viele junge Frauen sein. Schade, dass du deine Probleme nicht als Ansporn siehst, eine Lösung zu finden, um Hindernisse zu überwinden. Es bricht mir das Herz zu sehen, wie du leidest, wie verloren du wirkst, wie dich deine Erfahrungen mit anderen demontieren. Dabei könntest du auf deine Stolpersteine stolz sein, die du meisterlich umrundest oder übersprungen hast.

Alle Menschen haben in ihrem Leben mit Herausforderungen zu kämpfen. Niemand, ich meine wirklich niemand, schafft das Leben ohne Einschläge, Wunden oder Bisse. Es kommt darauf an, wie du damit umgehst!

Waren dir deine Eltern, die Großeltern, Freunde, Verwandten ein Beispiel? Wie sind sie mit Verlust, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Scham oder Verletzungen umgegangen? Lagen sie wie betäubt auf der Couch und haben sie das Leben leblos an sich vorbeiziehen lassen?

Wer war deine Heldin, die sich aufrappelte, die Rüstung geraderückte, den Staub von den Schultern blies und sich wieder aufs Pferd hievte, um weiterzureiten? Sagt dir Jeanne d’Arc oder Johanna von Orleans etwas?“

Ihr gütiges Lächeln streichelte mich. „Äh mmh“, stotterte ich verlegen und schüttelte den Kopf. Meinte sie den Scheiterhaufen, der ihrem Leben ein jähes Ende bereitete oder ging es hier um  die Heiligsprechung? Keine Ahnung, auf was sie hinauswollte. „Es geht ums Kämpfen. Wir bleiben nicht liegen. Wir stehen auf und gucken nach vorn.

Unsere Seele weiß, welchen Weg wir gehen müssen. Warum vertraust du deiner nicht?“ Wütend brüllte ich meinen Frust raus: „Meine Mutter war immer nur Opfer, nie eine Kämpferin, mein Vater immer Täter und nie ein Opfer. Meine Großeltern, ausgeglichen, liebevoll und zufrieden, waren weder das Eine noch das Andere.

Alle anderen haben sich mir nicht offenbart und ich habe keine Ahnung, was sie waren, wie sie waren. Einige haben sich auch verstellt und eine Einschätzung unmöglich gemacht.“ Ich nahm einen Schluck Tee, der meine Stimmbänder besänftigte. Als ich die Praxistür öffnete und mich verabschiedete, gab mir Mrs. Levinson ein Buch! Es sah etwas angegriffen aus. Zettel, um etwas zu markieren, lugten hervor. Kritzelige Randnotizen zierten einige Seiten.

Ich schaute Mrs. Levinson fragend an. „Clarissa Pinkola Estés, die Meisterin persönlich. Sie hat im Bereich multikultureller Studien und klinischer Psychologie promoviert. Sie ist Anhängerin der Lehre C. G. Jungs und seit Jahrzehnten als Psychoanalytikerin tätig. Von ihr kannst du eine für dich neue Perspektive über die anerzogene Rolle des Lieb-, Nett- und Angepasstseins, des Gehorchens, Fügsamseins, des Sichunterordnens und Stillseins lesen. Hier liest du über Möglichkeiten, wie du zum archäologischen Entdecker deines Unterbewussten wirst. Und … ganz wichtig, bleib ganz entspannt!“
Lächelnd, streichelte sie über meinen Arm. „Wir alle wurden mehr oder weniger von unserem Umfeld geprägt und manipuliert!“

Könnte schreien!

An der Bushaltestelle nahm ich die 45 South. Im Bus lehnte ich meinen Kopf an der Fensterscheibe an. Das Nachdenken über das Gehörte hatte ihn für mich schwerer gemacht. Ein Geistesblitz zuckte durch meinen Körper und half mir auf die Sprünge. Ich stieg an der Ecke Bayview und York Mills aus, um schnurstracks in den dortigen Drugstore zu gehen. Ich kaufte direkt mal zwei Schwangerschaftstests. Doppelt getestet, gibt ein aussagekräftigeres Ergebnis, flüsterte ich mir ins Ohr.

Der gutaussehende Pharmakologe – Josh stand auf seinem Kittel – erlaubte mir, die Toilette fürs Personal aufzusuchen. Auf der Ablage über dem Waschbecken nahm ich die Kappe von der Haarsprayflasche und pieselte hinein. Ich riss den Teststreifen aus der Verpackung und stellte diesen in die Kappe, setze mich auf den Boden, lehnte mich an die WC-Wand und wartete, hielt meine Augen fest geschlossen und betete. Inbrünstig! Flehend!

Möge der Kelch einer ungewollten Schwangerschaft an mir vorbeigehen, damit ich geläutert weiter meinen für mich bestimmten Weg gehen konnte. Hilfe! Brrrr! Nach zwölf Minuten nahm ich den Zahnputzbecher, der verwaist auf der anderen Seite der Ablage stand. Die Aufregung, das Warten, hatte meine Blase aktiviert. Ich pieselte in den Becher, wartete, betete, hoffte auf eine gute Wendung. Die Lektion hatte ich ja verstanden, aber wussten das meine Eierstöcke, Eilleiter und Co. auch? Wie sollte ich das alles stemmen?
Ich selbst war für mich ein Schwergewicht, aber ein Kind wäre jetzt ein Betonklotz. Ich flehte jetzt etwas lauter, drängender. Hilfe! Ich hob den Teststreifen hoch, hielte ihn ins Licht und las das Ergebnisfeld. Meine Augen flackerten. Mein Kreislauf brachte mich ins Schwanken. Ich stützte mich am Waschbeckenrand ab, weil der aufsteigende Schwindel einen würgenden Brechreiz hervorrief. Mit zittriger Hand leerte ich den Zahnputzbecher im Waschbecken aus. Meine Beine verloren den Halt und mir wurde schwarz vor Augen.

Ich hörte eine Stimme, fühlte ein klatschendes Geräusch an meiner Wange. Nach einer Weile erkannte ich Josh, der vornübergebeugt versuchte, mich aufzurichten, neben ihm die Dame von der Kasse. Beide stützten mich und versuchten, mich auf die Beine zu stellen. Josh nahm den Zahnputzbecher und füllte ihn mit Leitungswasser. Ich sah, wie er auf den Teststreifen auf dem Boden starrte. Er wusste, um was es ging! Einseitig gestützt, hing ich an der Schulter der Kassiererin. Josh ging ins Ladenlokal und kam mit einem Plastikbecher, gefüllt mit einer gelben Flüssigkeit, zurück. Schluck für Schluck sah ich klarer und der Brechreiz beruhigte sich ein wenig, aber mein Herz schlug wie wild weiter. Blutleere wechselte zu einer unglaublichen Hitzewallung, die sich in spontane Schweißausbrüche ergoss. O mein Gott! SCHWANGER schrie jede meiner Poren.

Zu Hause angekommen, legte ich meine Rüstung vor der Tür ab und ging völlig verzweifelt die Treppe hoch. In dem kleinen Rote-Kreuz- Schränkchen, das in ihrem Kleiderschrank an der Rückwand angebracht war, fand ich die Tabletten, die Mrs. Clarke hier versteckt hatte. Hier lagerten die Wunderpillen, die einen tödlichen Tiefschlaf garantierten, ihr Freifahrtschein. Diese Tabletten waren ihre Antwort auf eine unheilbare Krankheit oder andere schlimme Situationen, denen sie nicht gewachsen sein würde.

Im Vertrauen hatte sie mir dieses Versteck gezeigt und erklärt, dass das ihr Garantiefahrschein ins Paradies sei. Den brauchte ich jetzt. Nur dieser Schein konnte mich noch retten. Zeitgleich überfiel mich eine unglaubliche Todessehnsucht. Meine Finger zitterten, als ich den Schraubverschluss der Pillendose aufdrehte. Mit einem klackernden Geräusch leerte ich den gesamten Doseninhalt in einen Bierhumpen, den ich zuvor mit einer neuen Flasche Marille gefüllt hatte. Ich sah, wie sich der Inhalt auflöste und sich in ein leichtes Grün veränderte. Durstig und hastig trank ich den Humpen leer und saugte geräuschvoll auch den letzten Rest an Feuchtigkeit aus. Ich spülte mit einem großzügigen Schluck vom abgestandenen Schampus nach und legte mich entschlossen aufs Bett. Ein fürchterlicher Weinkrampf schüttelte meinen Körper bis zur völligen Erschöpfung.

Da lag ich nun matt wie betäubt und wartete auf die einsetzende Leichtigkeit zum Übergang. Nein, ich hörte nicht die Dringlichkeit des Martinshorns, auch nicht das Poltern und Schlagen an der Eingangstür. Ich war auf einer anderen Ebene der Wirklichkeit entsprungen.

Dunkelheit hat viele Schattierungen!

Widmung

„Ich habe dieses Buch in großer Dankbarkeit und inniger Liebe für meinen Ehemann Udo Clever geschrieben: meinen Partner, Liebhaber und besten Freund, weil er mir die Zeit, es zu schreiben, gegönnt und ermöglicht hat. Er versteht und unterstützt meine Botschaft, die ich mit diesem Buch ausdrücken möchte. Er ist mit mir extra in all diese wunderbaren Länder gereist, damit ich Erfahrungen machen und die Begebenheiten erleben würde, um sie in diesem Buch authentisch wiederzugeben.“

Erhältlich in folgenden Varianten:

Paperback

Hardcover

E-Book